Berliner Senat teilt Einschätzung des BMG: Apotheken dürfen reine Probenahme-Sets für COVID-19-Tests an Laien abgegeben

September 10, 2020

In einem Schreiben an die Kammern und Verbände vom 01.09.2020 hatte die ABDA medizinprodukterechtliche Bedenken zur Abgabe von COVID-19-Tests an Patienten in Apotheken geäußert (wir berichteten in „Kammer aktuell“ 53/2020 vom 02.09.2020). Inzwischen liegt eine Stellungnahme des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) vor, die besagt: Ganz so pauschal treffe das nicht zu, man müsse zwei Testszenarien differenzieren. Die Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung schließt sich dieser Einschätzung an.

Laut Stellungnahme des BMG gegenüber der ABDA seien bei Bluttests für zu Hause zwei Testszenarien zu unterscheiden:

  1. Schnelltests für die Laienanwendung, die zu Hause durchgeführt werden und dort auch zu einem Ergebnis führen, und
  2. Tests, die im Labor durchgeführt werden, für die jedoch die Probenahme zu Hause durch den Laien durchgeführt wird.

Bei der Abgabe von Schnelltests für die Laienanwendung (Fall 1) ist die Medizinprodukteabgabeverordnung (MPAV) zu beachten, nach der bestimmte In-vitro Diagnostika nicht an medizinische Laien abgegeben werden dürfen. § 3 Abs. 4 der MPAV schreibt vor, dass In-vitro-Diagnostika zum Nachweis eines Krankheitserregers für die Feststellung einer in § 24 Satz 1 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) genannten Krankheit oder einer Infektion mit einem in § 24 Satz 1 IfSG genannten Krankheitserreger bestimmt sind, nur an einen bestimmten Personenkreis wie z.B. Ärzte, Apotheken, Gesundheitseinrichtungen und Gesundheitsbehörden abgegeben werden dürfen. Tests auf SARS-CoV2 fallen unter diese Abgabebeschränkung.

Die Anwendung derartiger Tests an Patienten in der Apotheke ist ebenfalls unzulässig, da es sich dabei um eine Tätigkeit handelt, die nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) ausschließlich Ärzten vorbehalten ist.

Dagegen ist die Abgabe eines Probenahme-Sets (Fall 2) nach Auffassung des BMG für die spätere Durchführung eines Tests auf SARS-CoV2 in einem Labor nicht von der Abgabebeschränkung nach § 3 Abs. 4 MPAV erfasst. Ein Probenbehältnis gelte zwar als In-vitro-Diagnostikum (IVD), sei aber kein IVD, das i. S. von § 3 Abs. 4 MPAV für den Nachweis eines Krankheitserregers oder einer Infektion bestimmt ist. Es diene allein der Entnahme, Aufbewahrung und Übersendung der aus dem menschlichen Körper stammenden Probe. Ohne die Rücksendung des Proben-Kits könne der Besteller keine Auswertungen vornehmen und insbesondere keinen Nachweis eines Krankheitserregers nach dem Infektionsschutzgesetz führen.

Die Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung teilte in Abstimmung mit der für Berlin zuständigen Landesüberwachungsbehörde für Medizinprodukte, dem LAGeSo, nun mit, dass sie diese Einschätzung des BMG teilt.

Fazit und Ausblick

Berliner Apotheken dürfen somit reine Probennahme-Sets für die spätere Durchführung eines Tests auf SARS-CoV2 in einem Labor an Privatpersonen abgeben. Bei den derzeit beworbenen SARS-CoV2-Antikörpertests bleibt allerdings momentan noch die grundsätzliche Frage offen, welche Handlungskonsequenz aus einem positiven Antikörpertest (Hinweis auf eine durchgemachte SARS-CoV 2- Infektion) gezogen werden kann (Siehe RKI-FAQ Ist man nach einer durchgemachten SARS-CoV-2-Infektion immun)?

Ein Schnelltest, der direkt ein Ergebnis liefert (z.B. ein SARS-CoV 2-Antigentest auf eine aktive Infektion), darf bisher weder von Apotheken abgegeben, noch in Apotheken durchgeführt werden.

Für die Zukunft bestünde allerdings die Möglichkeit, dass das RKI gem. § 3 Abs. 5 MPAV aus Gründen der öffentlichen Gesundheit befristete Ausnahmen von der Abgabebeschränkung zulässt. Dafür müssten aber erstmal Tests verfügbar sein, die für eine Laienanwendung geeignet sind. Wenn solche Tests vorliegen, sei zu diskutieren, ob eine Abgabe an medizinische Laien über die Ausnahmemöglichkeit ermöglicht werden sollte, so das RKI.

ABDA-Präsident Friedemann Schmidt zum Thema COVID-Tests: „Wir müssen die Diskussion versachlichen und dabei verschiedene Punkte auseinanderhalten. Erstens brauchen wir noch mehr Klarheit über die Verlässlichkeit der verschiedenen Tests und ihre Verfügbarkeit. Zweitens müssen wir uns darüber einig werden, wer primär getestet werden soll, was mit den Testungen erreicht werden soll, und wie das Verfahren nach einem positiven Test aussieht. Drittens ist in diesem Zusammenhang zu klären, wo die Tests zur Verfügung stehen und wer die Kosten tragen soll. Viel wird abhängen von der für Mitte September angekündigten Positionierung von Bundesgesundheitsministerium und den obersten Bundesbehörden sowie den ebenfalls angekündigten Veränderungen der nationalen Teststrategie.“

Wir werden Sie per „Kammer aktuell“ auf dem Laufenden halten. Wenn Sie weitere Fragen oder Anregungen haben, kontaktieren Sie uns gerne über unser Kontaktformular Apothekenpraxis.

AK Berlin, 10.09.2020