Herstellung von Desinfektionsmitteln – Rückblick und Ausblick

September 29, 2020

Durch die Corona-Pandemie stieg der Bedarf an Desinfektionsmitteln plötzlich um ein Vielfaches. Da nicht ausreichend industriell gefertigte Produkte verfügbar waren, sprangen die Apotheken als Hersteller ein. Mehr als 85 % der öffentlichen Apotheken stellten in den Monaten März bis Mai 2020 insgesamt gut 5 Millionen Liter Desinfektionsmittel her (Quelle: ABDA). Erleichterungen diverser Vorschriften ermöglichten diese zeitnahe, dezentrale Versorgung von Arztpraxen, Pflegeheimen und Privatpersonen durch Apotheken. Viele der Erleichterungen gelten erstmal weiter – allerdings befristet.

Auf Basis der Allgemeinverfügung vom 9. April 2020 (in der Fassung vom 15. April 2020) können Apotheken derzeit bestimmte Biozidprodukte zur hygienischen Händedesinfektion zur Abgabe an und Verwendung durch private Endverbraucher sowie für die berufsmäßige Verwendung herstellen und in den Verkehr bringen, ohne hierfür eine Zulassung nach der EU-Biozid-Verordnung beantragen zu müssen. Diese Allgemeinverfügung läuft nun zum 6. Oktober 2020 aus.

Damit bestimmte Sonderregelungen weiterhin gelten, hat die Bundesstelle für Chemikalien am 16. September 2020 eine neue Allgemeinverfügung für die Zulassung von Desinfektionsmitteln für die hygienische Händedesinfektion veröffentlicht, die am 7. Oktober 2020 in Kraft treten wird. Sie gilt bis längstens 5.April 2021, kann jedoch jederzeit vor diesem Datum widerrufen werden.

Bisher als Biozide hergestellte Händedesinfektionsmittel dürfen weiterhin hergestellt und abgegeben werden (außer solche mit 1-Propanol 70 % (v/v))

Die Rezepturformeln der Allgemeinverfügung vom 16. September 2020 entsprechen bis auf eine Ausnahme denen der Allgemeinverfügung vom 9. April 2020. Auf Basis der derzeit gültigen Allgemeinverfügung hergestellte Desinfektionsmittel dürfen also auch nach Inkrafttreten der neuen Allgemeinverfügung abgegeben werden.

Ausnahme sind Desinfektionsmittel mit 1-Propanol 70 % (v/v). Diese Rezepturformel wurde nicht in die Allgemeinverfügung vom 16. September 2020 übernommen. Aufgrund der Erfahrungen der letzten Monate scheinen die 2-Propanol- bzw. Ethanol-haltigen Rezepturen ausreichend zu sein, um einen möglichen Engpass an Händedesinfektionsmitteln entgegenwirken zu können.

Desinfektionsmittel mit 1-Propanol 70 % (v/v) dürfen daher nach außer Kraft treten der derzeit gültigen Allgemeinverfügung (also nach dem 6. Oktober 2020) weder hergestellt noch auf dem Markt bereitgestellt werden.

Für nach dem 7. Oktober 2020 hergestellte Händedesinfektionsmittel besteht eine zusätzliche Meldepflicht

Neu ist, dass Hersteller und Importeure auf Grundlage der Allgemeinverfügung vom 16. September 2020 hergestellte sowie importierte Mengen von Desinfektionsmitteln elektronisch bei der Bundesstelle für Chemikalien jeweils zum Monatsende mitteilen müssen (Formular auf der Internetseite des REACH-CLP-Biozid-Helpdesks; Meldung ist ab dem 07.10.2020 möglich). Die Regelung dient dazu, der Zulassungsbehörde einen Überblick über die tatsächliche Nachfrage der unter dieser Allgemeinverfügung hergestellten und importierten Desinfektionsmittel zu geben. Dadurch soll besser beurteilt werden können, ob weiterhin Bedarf an Ausnahmeregelungen für Desinfektionsmittel zur hygienischen Händedesinfektion besteht. Desinfektionsmittel, die auf Grundlage der Allgemeinverfügung vom 9. April 2020 hergestellt worden sind, sind von dieser Meldepflicht nicht betroffen.

Die Alkoholsteuerrechtlichen Ausnahmeregelungen gelten vorerst bis Jahresende

Vorsorglich weisen wir darauf hin, dass die alkoholsteuerrechtlichen Ausnahmeregelungen zur Herstellung von Desinfektionsmitteln mit steuerbefreitem, unvergälltem Ethanol (derzeit) bis 31.12.2020 gelten. Über eine eventuelle Verlängerung dieser Frist in Anpassung an die vorgesehene Geltungsdauer der Allgemeinverfügung vom 16.September 2020 werden wir informieren.

Flächendesinfektionsmittel dürfen nach dem 30. September 2020 nicht mehr hergestellt und bereits hergestellte nicht mehr abverkauft werden

Dem aktualisierten FAQ der BAuA zur Händedesinfektion ist zu entnehmen, dass eine neue Allgemeinverfügung zur Herstellung von Flächendesinfektionsmitteln nicht geplant ist. Die derzeit zugelassenen bzw. die unter die Übergangsregelungen fallenden Flächendesinfektionsmittel scheinen ausreichend verfügbar zu sein, um einem möglichen Engpass entgegenwirken zu können. Die Bundesregierung hält daher eine weitere Ausnahmeregelung für Flächendesinfektionsmittel nicht mehr für erforderlich.

Dies bedeutet, dass die auf der Basis der noch gültigen Allgemeinverfügung vom 2. April 2020 herstellten Flächendesinfektionsmittel mit außer Kraft treten der Allgemeinverfügung zum 30. September 2020 nicht mehr hergestellt bzw. bereits hergestellte Flächendesinfektionsmittel nicht mehr im Markt zur Verfügung gestellt werden dürfen.

Die Dokumente zur Desinfektionsmittelherstellung im Mitgliederbereich der ABDA-Homepage werden rechtzeitig vor Inkrafttreten der neuen Allgemeinverfügung aktualisiert.

AK Berlin, 29.09.2020