Umsetzung der befristeten Mehrwertsteuersenkung bei Preisangaben

Juni 16, 2020

Im Zusammenhang mit der von der Bundesregierung beschlossenen Senkung der Mehrwertsteuersätze von 19 auf 16 bzw. von 7 auf 5 Prozentpunkte für die Zeit vom 01.07.2020 bis 31.12.2020 im Rahmen des Zweiten Corona-Steuerhilfegesetzes hat sich die Frage gestellt, ob zur Umsetzung der Vorgaben der Preisangabenverordnung (PAngV) alle Preise neu ausgezeichnet werden müssen. Dazu hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) in einem Schreiben an die Preisbehörden der Länder darauf hingewiesen, dass die Möglichkeit besteht, entsprechend der Ausnahmebestimmung des § 9 Abs. 2 PAngV von einer Änderung der Gesamt- und der Grundpreisangabe abzusehen, wenn der Händler/Anbieter bei Preisnachlässen folgende drei Voraussetzungen beachtet.

Nach der Ausnahmebestimmung des § 9 Abs. 2 PAngV müssen die folgenden Voraussetzungen gegeben sein:

  • nach Kalendertagen zeitlich begrenzte,
  • durch Werbung bekannt gemachte,
  • generelle Preisnachlässe („Pauschalrabatt“).

Diese Option soll auch für die anstehende Senkung der Mehrwertsteuersätze zum 01.07.2020 für das gesamte Sortiment oder bei entsprechend transparenter Information für Teile des Sortiments bestehen. Die Begrenzung nach Kalendertagen könnte dabei analog der Terminierung der Mehrwertsteuersenkung vom 01.07.2020 bis 31.12.2020 erfolgen.

Unter den Begriff der „Werbung“ fasst das BMWi in diesem Zusammenhang auch z. B. die örtliche Bekanntmachung durch einen Aushang in der Filiale, ein Banner auf der Website oder ein entsprechender Hinweis in Katalogen oder Prospekten. Als „generell“ wird ein Preisnachlass verstanden, wenn er über verschiedene Sortimente oder Produktgruppen hinweg gilt.

Das BMWi weist weiter darauf hin, dass es der Entscheidung jedes einzelnen Unternehmens/Anbieters überlassen ist, sich für oder gegen die Nutzung der Ausnahmemöglichkeit von § 9 Abs. 2 PAngV zu entscheiden und hierbei die Mehrwertsteuersenkung bezogen auf das komplette Sortiment oder auch nur für Teilsortimente an die Verbraucherinnen und Verbraucher weiterzugeben. Die Anwendung von § 9 Abs. 2 PAngV hebt das Recht zur freien Preisbildung der Anbieter nicht auf.

Abschließend merkt das BMWi an, dass die Ausnahmemöglichkeit nach § 9 Abs. 2 PAngV aufgrund anderer einschlägiger Rechtsgrundlagen keine Anwendung auf preisgebundene Artikel, wie rezeptpflichtige Arzneimittel (Arzneimittelpreisverordnung), Bücher (Buchpreisbindungsgesetz) und Zeitungen und Zeitschriften (§ 30 Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen) findet. Bei diesen Artikeln seien Preisreduktionen durch die Einzelhandelsstufe entweder nicht möglich oder abweichend von der PAngV geregelt.

Der abschließende Hinweis des BMWi darf allerdings nicht dahingehend missverstanden werden, dass bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln eine Anpassung der reduzierten Mehrwertsteuersätze für den Zeitraum vom 01.07.2020 unterbleiben darf. Vielmehr ist entsprechend § 3 Abs. 1 AMPreisV die jeweils geltende Umsatzsteuer zu erheben. Da diese Produkte wegen § 10 HWG nicht in der Sichtwahl der Vor-Ort-Apotheken geführt werden, ist die geänderte Mehrwertsteuer lediglich bei der Abrechnung zu berücksichtigen. Soweit aber auch bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln – etwa im Rahmen des Angebots von Versandapotheken auf deren Internetseite – eine Preisangabe erfolgt, muss der sich nach § 3 AMPreisV errechnende Gesamtpreis einschließlich der im o.g. genannten Zeitraum reduzierten Mehrwertsteuer angegeben werden.

Weitere Informationen und das Schreiben des BMWi an die Preisbehörden der Länder finden Sie auf der Internetseite des BMWi.

Die Kammer wird Beispiele für die praktische Umsetzung erarbeiten und via Kammer aktuell informieren.

AK Berlin, 16.06.2020