Möglicher Corona-Verdachtsfall im Apothekenteam – Was ist zu tun?

März 25, 2020

Das Virus rückt auch im Apothekenalltag näher. Uns erreichen vermehrt Fragen wie „Eine Mitarbeiterin ist krank und wartet noch auf das SARS-CoV-2-Testergebnis, sollen wir vorsichtshalber die Apotheke schließen“? oder „Die Kindergartenerzieherin der Tochter meiner Kollegin wurde positiv getestet, was sollen wir tun?“ Um eine Entscheidung für den Betrieb und die Kolleginnen und Kollegen zu treffen, ist eine systematische Risikoeinschätzung essentiell. Im Folgenden finden Sie einen von der Kammer erstellten Leitfaden, an dem Sie sich orientieren können. Grundlage dafür sind die aktuellen Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts.

Während der Corona-Pandemie müssen wir zwei wesentliche Ziele unter einen Hut bringen:

  • Die Aufrechterhaltung des Apothekenbetriebs zur Sicherstellung der ordnungsgemäßen Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln und
  • den bestmöglichen Schutz der Kunden, Patienten und des Apothekenteams vor dem Coronavirus.

Die möglichen Maßnahmen zur generellen Reduzierung der Übertragungswege haben wir in diversen „Kammer aktuell“-Beiträgen sowie im Webinar SPEZIAL zu Covid-19 (Referent Thomas Ertner) bereits ausführlich beleuchtet.

Was aber ist zu tun, wenn wir im Apothekenteam (oder im Umfeld) tatsächlich einen Covid 19-Kranken oder einen Verdachtsfall haben? Hier gilt es, verschiedene Fälle zu differenzieren:

1. Ein Apothekenmitarbeiter wurde positiv getestet.

In diesen Fällen hat das  für den Bezirk zuständige Gesundheitsamt die Sache in der Hand und macht „klare Ansagen“ zum weiteren Vorgehen. Es ist unwahrscheinlich, dass direkt das ganze Apothekenteam unter Quarantäne gesetzt wird. Bisher ist uns in Berlin nur ein Fall einer Apothekenmitarbeiterin bekannt, die positiv getestet wurde. Drei Mitarbeiterinnen, die in sehr engem Kontakt zu der Infizierten waren, wurden vom Gesundheitsamt unter Quarantäne gestellt. Die Apotheke blieb geöffnet, das übrige Team darf weiterarbeiten, solange alle symptomfrei sind.

Das Gesundheitsamt orientiert sich zur individuellen Bewertung an den Vorgaben zur Kontaktpersonennachverfolgung des RKI. Die Kontaktpersonen werden hierzu in drei Kategorien eingeteilt. Um eine Einstufung vieler Mitarbeiter in Kategorie I (enger Kontakt) und schlimmstenfalls eine Quarantäne des gesamten Teams zu vermeiden, sollte  das Apothekenteam – wenn möglich – in feste Gruppen aufgeteilt werden, so dass nie alle Mitarbeiter gleichzeitig zusammenarbeiten. Wo das nicht möglich ist, kann durch das Tragen persönlicher Schutzausrüstung (also vorrangig von Masken) und der Einhaltung eines Mindestabstands eine Einstufung in Kategorie II oder III erfolgen, wo die Empfehlung zur Quarantäne nur beim Auftreten von Symptomen gegeben wird.

Sollte das Gesundheitsamt doch die gesamte Apotheke unter Quarantäne setzen, muss die Leitung dies unverzüglich dem LAGeSo und der Kammer melden, weitere Informationen finden Sie hier.

2. Ein Apothekenmitarbeiter hatte Kontakt zu einer nachgewiesen infizierten Person

Hier hängt es davon ab, wie eng der Kontakt war (Kategorien siehe oben) und ob die Kontaktperson Symptome hat. Bei Kategorie II oder III und Symptomfreiheit kann der Mitarbeiter unter strenger Einhaltung der allgemeinen Hygieneregeln  üblicherweise weiterarbeiten – es sei denn, das Gesundheitsamt entscheidet anders. Hat der Mitarbeiter jedoch Symptome wie Fieber, Heiserkeit, Husten oder Atemnot, gilt er gemäß der Definition des RKI als meldepflichtiger „begründeter Verdachtsfall“. Die betroffene Person sollte unmittelbar separiert und das örtlich zuständige Gesundheitsamt kontaktiert werden, die Kontaktdaten der Gesundheitsämter finden Sie auf der Homepage des RKI . Über das weitere Vorgehen entscheidet das Gesundheitsamt.

3. Ein Apothekenmitarbeiter hatte Kontakt zu einer Person, bei der der Verdacht einer Infektion besteht, die getestet wurde und noch auf das Testergebnis wartet.

Auch hier ist entscheidend, wie eng der Kontakt war. Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die in Kategorie I eingestuft werden müssen (z.B. Personen mit kumulativ mindestens 15-minütigem Gesichts- („face-to-face“) Kontakt beispielsweise im Rahmen eines Gesprächs) sollten sich in freiwillige häusliche Quarantäne begeben, bis das Testergebnis vorliegt. Bei Kontakt der Kategorie II oder III und Symptomfreiheit kann der Mitarbeiter unter strenger Einhaltung der allgemeinen Hygieneregeln in aller Regel vorerst weiterarbeiten. Ist der Test positiv, gelten die Angaben unter Punkt 2.

Grundsätzlich gilt: Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit respiratorischen Symptomen jeglicher Art sollten in Zeiten der Corona-Pandemie zu Hause bleiben bzw. ärztlichen Rat und ggf. eine Krankschreibung (zunächst telefonisch) einholen.

4. Ein Apothekenmitarbeiter hatte Kontakt zu einer Person, die Kontakt zu einer Person hatte, die positiv getestet worden ist.

Auch hier gilt ähnlich wie bei Fall 3: Bei Kontakt der Kategorie II oder III und Symptomfreiheit kann der Mitarbeiter unter strenger Einhaltung der allgemeinen Hygieneregeln in aller Regel vorerst weiterarbeiten.

Grundsätzlich gilt: Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit respiratorischen Symptomen jeglicher Art sollten in Zeiten der Corona-Pandemie zu Hause bleiben.

Fazit: Die Apothekenleitung sowie jeder Einzelne muss gemäß den beschriebenen Fallbeispielen 1 bis 4 eine risikobasierte individuelle Entscheidung treffen. Bei positiv Getesteten und begründeten Verdachtsfällen gemäß Definition des RKI muss das zuständige Gesundheitsamt eingeschaltet werden. Die Anordnungen des Gesundheitsamtes sind zu befolgen. In allen anderen Fällen kann unter Einhaltung geeigneter Hygieneregeln und Arbeitsschutzmaßnahmen weiter gearbeitet werden.

Wir wünschen Ihnen allen in den Apotheken weiterhin viel Kraft und gute Nerven und ein möglichst komplettes Team. Bleiben Sie gesund!

Was können wir noch tun, um Ihnen die Arbeit aus fachlicher Sicht zu erleichtern? Schreiben Sie uns, welche Fragen Sie bewegen! Bitte nutzen Sie dafür unser Kontaktformular Apothekenpraxis.

Zu guter Letzt noch ein Fall, für den wir eine eindeutige Antwort haben:

Ein Apothekenmitarbeiter hatte Kontakt mit einer Person, die Kontakt zu einer Person hatte, die von einer dritten Person gehört hat, es gäbe jemanden, bei dem der Verdacht einer Infektion bestehe.

Ruhe bewahren. Keine Panik!

AK Berlin, den 25.03.2020